Literarische Lieblinge in 2019 -2018 - Buchhandlung und Verlag Bornhofen in Gernsheim am Rhein

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Unsere Literarischen-Lieblinge in 2018:
Wieder aufgelegt!

Vor dem stimmungsvoll gezeichneten Hintergrund einer südhessischen Kleinstadt in den siebziger Jahren schildert Ralf Schwob eine berührende Familiengeschichte. Erzählt wird von der depressiven Erkrankung der Mutter, von der Sprachlosigkeit des Vaters und dem allmählichen Aufbruch des Sohnes, der sich von seinen Eltern lösen muss, um erwachsen werden zu können. In der Kunst findet der Junge schließlich eine Möglichkeit, das Ausgeschwiegene und Unsagbare zu gestalten.

Für Leser aus dem Kreis Groß-Gerau ist das Buch zudem von großem regionalem Interesse, denn Orten wie der „Zuckerfabrik“, dem „Safariland“ oder dem „Wunderland der Märchen“ wird in der Erzählung ein kleines literarisches Denkmal gesetzt.

„Ralf Schwob besticht durch eine klare, einfach einfache Sprache, die mit wenigen Worten viel erzählt.“ SWR
Das ist übrigens tatsächlich der Klappentext, im Gegensatz zu den sonstigen Buchbesprechungen. Denn Ralf Schwobs literarisches Kleinod durften wir im Bornhofen Verlag neu auflegen, es ist überarbeitet und hat ein unglaublich passendes, beeindruckendes Cover bekommen – Christine-Katharina Krämers Gemälde „Silencio“ ist eine Reaktion auf die Lektüre von „Der stillste Tag im Jahr“.

Ralf Schwob: „Der stillste Tag im Jahr“, Bornhofen Verlag, 978-3-981495-58-4, € 14,00

Gemeinsam

Ich war neun oder zehn Jahre, als das erste türkische Mädchen in unsere Klasse kam. Wir sollten „nett sein“, mit ihr reden – aber wir wussten gar nicht, wie das gehen kann. Bis dahin war die Welt eingeteilt in katholisch beziehungsweise evangelisch und in „großer Farbfernseher“ plus halbwegs entspannter Feierabend beziehungsweise kleiner Schwarz-Weißer plus immer zu wenig Geld. Nun gab es also jemanden außerhalb der Kategorien, zumindest in unserer Wahrnehmung. Die Gemeinsamkeiten zu entdecken, das war kaum möglich.

Auch dank Aras Örens „Berliner Trilogie – drei Poeme“ gelingt es mir heute, halbwegs zu verstehen, wie das damals war. Ören lebt seit 1969 in Berlin, war Redakteur beim SFB und Leiter der türkischen Redaktion Multikulti beim RBB – und er hat in der „Berliner Trilogie“ vielen türkischen „Gastarbeitern“ (ich nutze die Anführungszeichen hier sehr bewusst: eigentlich sind es ja einfach Kolleg*innen, oder?) ein Denkmal gesetzt. Mit wenigen Worten skizziert er alte und neue Lebensentwürfe, Alltag in der Türkei und in Deutschland, Sprachlosigkeit und ihre Zwischentöne. Das ist große Kunst. Es ist aber vor allem ein großartiger Beitrag zur Verständigung. Und die haben wir derzeit nicht weniger nötig als in den siebziger Jahren, finde ich.

Aras Sören: „Berliner Trilogie – drei Poeme“, Verbrecher Verlag, Übersetzung: H. Achmed Schmiede, Johannes Schenk, Jürgen Theobaldy und Gisela Kraft, 978-3-95732400-9, € 22,00
„Einfach genial.“

Das ist Volker Weidermanns Urteil über „Die Tagesordnung“. „Vuillard zeigt, wozu Literatur in ihren großen Momenten fähig ist: blitzhafte Verwandlung träger, alter, viel zu oft erzählter Geschichte in schockierende Neuigkeiten.“, formuliert Weidermann weiter. Ich stimme dem vollkommen zu, möchte aber unbedingt ergänzen, dass dieses Buch eben nicht nur große Literatur ist (Vuillard hat dafür den wichtigsten französischen Literaturpreis gewonnen, den Prix Goncourt), sondern auch in einer absolut faszinierenden und faszinierend lesbaren Sprache verfasst.

Und dabei ist das Thema nun wirklich vielbeschrieben: Es geht um die Jahre 1933 bis 1938, um die Wahl Adolf Hitlers und die folgenden fünf Jahre politischen Geschehens – auch in allen Schulen großes Thema im Geschichtsunterricht. Vuillard schreibt in kleinen Kapiteln, die immer ein anderes, konkretes Thema haben. Beginnend mit der Finanzierung des Wahlkampf durch die „großen“ Männer der Wirtschaft in 1933 und endend mit dem Tod vieler Österreicher direkt nach dem Beitritt zum deutschen Reich im Jahr 1938. Allerdings gibt es eine Art Nachtrag, der wiederum auf das erste Kapitel und die menschenverachtenden Wirtschaftsvorgänge der Regierungsjahre Adolf Hitlers zurückgreift. Dieser Nachtrag ist ein Grund mehr, nicht darauf zu vertrauen, dass die Hitlerzeit keine Schatten mehr wirft …

„Die Tagesordnung“ ist ziemlich schmales und dabei sehr großes Buch!
 
Éric Vuillard: „Die Tagesordnung“, Verlag Matthes & Seitz, € 18,00, 978-3-957575-76-0

Schreibe das Buch

Gedichte sind eine völlig andere Form der Ansprache, als es Prosa ist. Da ist nicht nur jedes einzelne Wort wichtig, sondern auch jeder Umbruch, jede Positionierung, sogar jedes fehlende Wort. Dann kann Lyrik etwas, was Prosa nur mit deutlich mehr Worten gelingt – sie trifft ins Herz.

Rupi Knaur hat ihre Gedichte wohl aus einem inneren Bedürfnis heraus geschrieben, der erste Eintrag lautet „mein herz weckte mich auf letzte nacht – es weinte – wie kann ich helfen, flehte ich – mein herz sprach – schreibe das buch“. Ich bin nach solchen Vorgaben erst einmal vorsichtig, oft genug ist Niedergeschriebenes, das einen schwerwiegenden Anlass hatte, auch schwer zu verdauen und vor allem sprachlich fragwürdig - „Betroffenheitslyrik“ ist kein positiver Begriff. Hier liegt der Fall allerdings anders: Rupi Knaurs Gedichte erzählen von Gewalt gegen Frauen, ohne dass sie mitleidsheischend sind. Sie erzählen von der Vielfältigkeit der Liebe aber auch von den vielen Seiten der gleichen Person. Diese Gedichte sind wortgewaltig und kraftvoll – und sie treffen mitten ins Herz.

Rupi Knaur: „Milch und Honig“, Lago Verlag, ISBN 978-3-95761-173-4, € 14,99

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